Die drei Bäume
Das Wesen der Traditionellen Tibetischen Medizin wird durch die "Drei Bäume" anschaulich erläutert:
Der erste Baum beschreibt das tibetische Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Er hat zwei Stämme, jeweils einen für die Gesundheit und einen für die Krankheit. Der Stamm der Gesundheit trägt als Äste die drei Säfte rLung (Wind), Tripa (Galle) und Badkan (Schleim), die sieben körperlichen Konstituenten Chylus, Blut, Fleisch, Fett, Knochen, Knochenmark und die reproduktiven Flüssigkeiten und die drei Ausscheidungen Urin, Stuhl und Schweiß. Befinden sich diese im Gleichgewicht, können die zwei Blüten erblühen. Das sind: ein langes Leben und Abwesenheit von Krankheit. Genau dies bedeutet Gesundheit. Auf dieser Grundlage erlangt man dann als Qualität und Sinn des Lebens die drei Früchte: einen Geist, der das Erlebte versteht und deshalb nicht in negative Geisteszustände fällt, der die Fülle des Lebens zu nutzen weiß und der deshalb in einem glücklichen und entspannten Zustand verweilt.
Der Stamm des Krankseins beschreibt die primären und sekundären Ursachen von Krankheit, die Eintrittspforten der Krankheiten, den Sitz der Säfte, die Ausbreitungswege und die altersspezifische Prädominanz der Säfte. Und er beschreibt auch, warum Krankheiten unheilbar sein können, sowie Nebenwirkungen von Behandlung und letztlich die grundlegende Charakteristik von heißer und kalter Störung.
Der zweite Baum beschreibt die Diagnose durch Inspektion, Tasten und Befragen des Patienten. Inspektion steht in der Hauptsache für die tibetische Urindiagnose und Zungendiagnostik. Tasten meint das Tasten der Pulse an den Stellen, die den Organen entsprechen. Die Befragung des Patienten muß sehr ausführlich sein, um Symptome, Ursachen, Umstände und Modalitäten der Krankheiten zu erfahren.
Der dritte Baum beschreibt die vier Aspekte der Therapie. Unangemessene Ernährung muß durch Korrektur und, falls erforderlich, durch Diät, unangemessener Lebensstil muß durch Korrektur der Lebens- und Arbeitsgewohnheiten und, falls möglich, Änderung der Wohn- und Umweltbedingungen ausgeglichen werden. In diesen Bereich gehören auch alle sozialen und psychologischen Faktoren, die man verbessern kann. Wenn dies nicht ausreicht, werden Kräuterrezepturen verordnet, die gegebenenfalls durch äußere Anwendungen wie Massagen, Moxa, Horme, Schröpfen. Akupunktur, Kompressen und Bäder ergänzt werden.